„Was zeigen diese Zahlen tatsächlich? Natürlich warten wir auf die fachkundige Auswertung. Doch auch ohne deren Kenntnis dürfen wir vielleicht schon einige richtungsweisende, orientierende Gedanken vorausschicken“, so Bischof Gáncs. „Zuerst halten wir fest: Es wäre ein großes Problem, wenn die verantwortlichen Pastoren der Kirchen alle zehn Jahre von Zentralen Amt für Statistik über den Zustand, die Abnahme oder auch den Zuwachs der ihnen anvertrauten Herde informiert würden
Gegenüber der Glaubwürdigkeit der Angaben des Zentralen Amtes für Statistik fielen immer wieder kritische Stimmen, so Gáncs. „Es ist eine Tatsache, dass alle statistischen Erhebungen Schwachpunkte haben. Manchmal birgt schon die Formulierung der Frage die Möglichkeit zum Missverständnis. Erinnern wir uns an den Wortlaut des Fragebogens aus dem Jahr 2011: Zu welcher Glaubensgemeinschaft, Konfession fühlen Sie sich zugehörig? Auf diese Fragen gaben knapp 2,7 Millionen Landsleute keine Antwort, was verglichen mit 2001 einen Sprung um 244 Prozent (!) bedeutet. Dieser dramatische Anstieg ist nicht einfach nur mit der Säkularisierung der Gesellschaft oder mit dem Glaubensverlust der Kirchen zu erklären.
Doch zugleich zeigt er zweifelsfrei, dass für immer mehr Menschen die religiöse Zugehörigkeit keine existentielle Frage mehr ist. Die in fachlicher Hinsicht bestreitbaren offiziellen Angaben aus der Volkszählung müssen uns jedoch in jedem Falle zur Selbstprüfung bewegen. Doch zugleich dürfen wir nicht dem nagenden Selbsttadel oder der giftigen Sündenbocksuche ins Netz fallen.“ Nötig und wichtig sei der ehrliche Dialog und eine verantwortliche Suche nach dem weiteren Weg, so der leitende Bischof.
„Wir müssen auf zahlreiche schwere Fragen eine Antwort finden,“ so Bischof Péter Gáncs. „Was können wir zum Beispiel der drängenden Herausforderung entgegnen, dass wir einen beträchtlichen Teil der - dramatisch geschmolzenen – knapp 215.000 sich evangelisch-lutherischen fühlenden Glaubensgeschwister nicht erreichen können? Obwohl sie sich gemäß ihrer anonymen Auskunft zur evangelisch-lutherischen Gemeinschaft zugehörig fühlen, doch die Gemeinschaft, die Gemeinde ist noch nicht auf sie gestoßen.“ Freilich liege das auch manchmal am bewussten „Verstecken“.
Weitere brennende Fragen seien, wie die Kirche „sichtbar evangelisch-lutherisch“, so das wohlklingende Motto des kirchlichen Strategiepapiers umgesetzt werden können, so der Bischof: Welche Rolle können zum Beispiel die immer mehr werden Bildungseinrichtungen in kirchlicher Trägerschaft in der neuen Missionsstrategie spielen, die gegenwärtig ausgearbeitet wird und schon dringend erwartet wird?
„Die Not drängt uns. Wir hungern danach, endlich sichtbare Ergebnisse unserer Arbeit und unserer Anstrengung sehen zu können“, erläutert Bischof Gáncs. Es sei nicht leicht das biblische Wort zu akzeptieren, dass der eine sät und der andere erntet. „Uns ist die schöne und zugleich schwere Aufgabe des Säens, Pflanzens und Gießens gegeben. Andere werden ernten, wenn der Herr, der das Wachsen gibt, die Zeit für gekommen ansieht.“
Wir Menschen ertragen die Zeiteinteilung des Ewigen Gottes, für den tausend Jahre sind wie der gestrige Tag, manchmal schwer. „Doch mit nüchternem Verstand ist einzusehen, dass die für Seele und Gemeinschaft zerstörerischen Folgen der knapp vier Jahrzehnte andauernden gottlosen Gehirnwäsche nicht innerhalb von zwei Jahrzehnten wieder zu richten sind.“