Interview mit Bischof Tamás Fabiny in Polen

Interview mit Bischof Tamás Fabiny in Polen

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Quelle: luter2017.pl

Herr Bischof in Ihrer Predigt in der St Trinitatiskirche haben Sie gesagt, dass lutherische Kirchen aufgeschlossen sein sollten. Inwieweit ist diese Aufgeschlossenheit in lutherischen Kirchen in Ost- und Mitteleuropa gelungen?

Wir haben noch viele Aufgaben vor uns. Diese Frage verbindet sich mit einer Vielzahl von Herausforderungen, auch im gesellschaftlichen Bereich, da wir - und ich spreche jetzt von mittelosteuropäischen Kirchen insgesamt - eher immer noch in sich geschlossen. Die Wurzeln dessen liegen natürlich in den Zeiten des Kommunismus, weil es eben damals besonders wichtig war, die Identität zu bewahren und zu schützen. Und die Versuchung, der kommunistischen Ideologie die Loyalität zu zeigen, war enorm. Deswegen war es so wichtig geschlossen aufzutreten und das konfessionelle Profil zu zeigen, aber nach der Wende haben sind wir doch mit der Aufgabe betraut worden, uns zu öffnen und nicht nur in konfessionellen Grenzen zu verweilen. Diese Inklusivität kenne ich auch aus dem Bereich der Ökumene. Manche von unseren Kirchen sind eher antiökumenisch eingestellt, besondern gegenüber der römisch-katholischen Kirche. Sie haben viele schlechte Erfahrungen, was historisch auch einigermassen verständlich ist. Auch in Ungarn war die Gegenreformation sehr brutal. Wir haben besonders viel im 17. und im. 18. Jahrhundert verloren und gelitten, aber auch im 20. Jahrhundert sind uns viele Leute verloren gegangen und zwar durch die Mischehen, da die Lutheraner oft gezwungen waren ihre Konfesssion zu wechseln oder die Kinder im katholischen Glauben zu erziehen. Inzwsichen hat sich auch die römisch-katholische Kirche geändert und wir müssen auch darauf deutlich ökumenisch antworten.

Worin zeigt sich dieser antiökumenische Geist in manchen lutherischen Kirchen?

Das ist eien Frage der Identität und manchmal wird sie im lutherischen Milieu allzu einseitig verstanden als ob es nur eine Alternative gäbe: entweder lutherisch oder ökumenisch. Im Lutherischen Weltbund halten wir immer daran fest, dass lutherisch zu sein heisst auch gleichzeitig ökumenisch zu sein. Das bestätigen auch unsere Vorbereitungen zum Reformationsjubiläum, die wir auch ganz bewußt ökumenisch mit der römisch-katholischen Kirche machen wollen. Natürlich ist dieses Jubiläum unsere Sache, aber wir wollen die andere Seite einbeziehen. Die Reformation war nicht nur die Trennung, sondern auch die Erneuerung für beide Seiten.

Aber gerade dieses lutherische Verständnis der Reformation verursacht einen heftigen Widerstand der katholischen Seite, die immer wieder betont, man dürfe die Reformation nicht feiern, sondern lediglich an sie erinnern. Hier bestehen erhebliche Unterscheide, ob und was gefeiert werden darf. Hinzu kommen auch Bedenken unter vielen Lutheranern, die sich besorgt fragen, ob es nicht einfach eine Anbiederung an die katholische Seite sei, dass man unbedingt dieses Fest mit Katholiken organisieren will.

Im Blick auf das Reformationsjubiläum dürfen wir nicht nur Stolz aber auch Freude empfinden. Aber man muss sich auch von einseitigen Aussagen distanzieren, indem man jeglichen Triumphalismus ablehnt. Erinnerung ist sehr wichtig, aber wir dürfen auch nicht schüchtern sein, weil wir auch Gründe zum Feiern und zum Jubeln haben. Wir wollen die Jubiläum in ökumenischer Verantwortung gestalten, weil wir nicht nur 500 Jahre Reformation gedenken, sondern auch 50 Jahre des offiziellen Dialoges mit der römisch-katholischen Kirche. Wir dürfen auch nicht unsere Identität im Gegensatz zur römisch-katholischen Kirche stilisieren. Wir haben unsere Identität und sie ist positiv und nicht negativ geprägt.

Wie funktioniert diese Kooperation im Blick auf das Reformationsjubiläum mit der römisch-katholischen Kirche in Ungarn aber auch mit der reformierten Kirche?

In Ungar haben wir zwei Ausschüsse für das Reformationsjubiläum. Einen kirchlichen Ausschuss, in dem ich Vorsitzender bin, und einen staatlichen. Wir als Lutheraner wollen noch eine gemeinsame Kommision mit den Reformierten gründen, aber dies ist bis jetzt noch nicht gelungen, weil die Reformierten mit dem Calvinjahr sehr intensiv beschäftigt waren. Im staatlichen Ausschuss gibt es auch - abgesehen von prominenten Intelektuellen - Vertreter der Kirchen und unter anderen auch einen römisch-katholischen Bischof. Vor ein paar Jahren hätte man daran kaum denken können, dass die Katholiken offiziell in einem Reformationsausschuss wären.

Wie sieht diese Zusammenarbeit alltäglich?

Sie ist immer eine persönliche Entscheidung der Geistlichen. Auf offizieller Ebene funktioniert das gut mit der Gebetswoche für die Einheit der Christen. Wir haben in Ungarn eine Liturgie für Mischehen gemeinsam entworfen. Ich persönlich habe sehr gute Beziehungen zu manchen katholischen Bischöfen auch auf der Medienebene. Ich leite im staatlichen Fernsehen ein Programm, das Bischofsbrot heisst (Wortspiel wird erklärt). Ich bin in diesem Programm als Moderator und da sitzen verschiedene Bischöfe aus verschiedene Kirchen, die unumwunden miteinander über Gesellschaft und Kirche diskutieren.

Wir haben schon ein paar mal die Identitätsfrage erwähnt, die gerade für die Diasporakirchen wie unsere in Polen und Ihre in Ungarn wichtig ist. Was heisst eingetlich heute lutherisch in Ungarn?

Das ist eine Konfessionsfrage, die wir faktisch jeden Tag beantworten müssen. Die katholische Kirche hat hier eine leichetere Situation, aber wir werden immer wieder gefargt, warum die lutherische Tradition immer noch sehr wichtig für uns ist. Lutherisch zu sein bedeutet für mich die Bereitschaft immer zu antworten und Dialog zu führen. Für mich sind symbolische solas sehr wichtig - also: Solus Christus, sola fide, sola scriptura und sola gratia, weil sie auf den Punkt das bringen, was eigentlich Reformation wollte. Natürlich haben wir auch in der lutherischen Kirchenfamilie verschiedene hermeneutische Zugänge zur Heiligen Schrift, aber jeden Tag müssen wir davon Zeugnis ablegen, warum diese Prinzipien für uns immer noch prägnant sind. Gerade in Begegnungen mit evangelikalen Christen ist es wichtig zu betonen, dass die Bibeltreue nicht eine einzige Form annehmen muss, sondern vielfältig betrachtet werden kann. Bibeltreue schliesst die Meinungsvielfalt nicht aus.

Sie sind seit 2010 auch Vizepräsident des LWB. Sie haben verscheidene Kirchen besucht. Wie kann sich die lutherische Familie in Mittel- und Osteuropa in den LWB einbringen?

Wir haben unsere historischen Wurzeln unmittelbar in der Reformation. Es geht also um historische reformatorische Kontniuität, die wirklich 500 Jahre alt ist. Auch die Gegenreformation ist unser gemeinsames Erbe, also auch Galubenszeuigen und Martyrer. Hinzu kommen auch Erfahrungen aus dem 20. Jahrhundert - der 2. Weltkrieg und der Kommunismus. Deswegen sind solche Themen wie Vergangenheitsbewältigung enorm wichtig. Ich weiss dass nicht nur unsere Kirche, sondern auch die Kirche in Polen dieses Thema aufgegriffen hat. Auch die Spannungen zwischen verschiedenen Ländern haben in unserem Region auch wichtige Fragen aufgeworfen und Erfahrungsgemeinschaft gebaut, die nicht immer leicht war. Das wollen wir auch im LWB zum Ausdruck bringen.

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